Dienstag, 5. Februar 2008
Der Preis des Lebens (2) - Gewissheit
Hauptteil:
Eigentlich ist das Leben ganz einfach, solange wir den Boden der Tatsachen nicht verlassen. Der Boden der Tatsachen ist eigentlich kein Boden und kann folglich weder als klein noch als groß beschrieben werden Der Boden ist nämlich selbst eine Tatsache, die nicht groß oder klein sein kann, denn dazu bräuchte es die „Böden der Tatsachen“. Er ist ein Axiom, jene nicht näher zu beweisenden Tatsachen, auf denen unsere Paradigmen stehen.

Man stellt sich also auf eine Tatsache und versucht von dort aus auf eine weitere Tatsache zu klettern, immer weiter nach oben. Manchmal muss man wieder runter klettern, weil man keine weitere Tatsache mehr erreicht. Aber wo sind die Tatsachen? Sie befinden sich in einem Raum, dass wissen wir, weil alles, was ist, irgendwo sein muss, sonst kann es nicht sprachlich ausgedrückt werden. Weil also alles so ausgedrückt wird, als wäre es irgendwo, müssen auch Tatsachen irgendwo sein, ganz einfach deswegen, weil die Sprache es erlaubt, nach dem Ort der Tatsache zu fragen. Und ob diese Frage berechtigt ist oder nicht, hängt nicht von ihrem Wortlaut ab, sondern von dem Sinn, indem der Antwortende sie interpretiert.

Die Tatsachen befinden sich also im Raum. Es ist der logische Raum, das ist klar, weil er Tatsachen enthält. Ein Raum ist nur dann ein Raum, wenn er etwas enthält, und wenn er etwas enthält, so hat er Richtungen. Diese Richtungen können wir aber nur anhand des Inhaltes bestimmen. Demnach bestimmen die Tatsachen den Raum. Ohne Eigenschaften bestimmen zu können, können wir nicht von etwas sagen, dass es existiert. Wäre der logische Raum also leer, würde er nicht existieren. Die Tatsachen sind demnach der logische Raum. Oder auch – der Raum ist eine Emergenz* einer Tatsache, was wiederum eine Tatsache ist. Der Raum ist eine Tatsache. Der Boden der Tatsachen ist auch eine Tatsache. Tatsachen sind demnach in sich selbst, fußen auf sich selbst und existieren durch sich selbst – somit kommen einer Tatsache durchweg alle Eigenschaften des Göttlichen zu, woraus wir zweierlei schließen können – entweder, Gott ist eine Tatsache, oder es gibt keine Tatsachen.

Wir sehen eindeutig: Sprache ist ein Spiel, wie Wittgenstein schon sagte**. Wenn Sprache ein Spiel ist, dann ist es auch die menschliche Welt, ja das Menschsein überhaupt, dass untrennbar mit der Sprache in welcher Form auch immer verbunden ist. Wenn das Leben ein Spiel ist, so muss man fragen, welche Regeln es enthält. Die Antwort darauf ist denkbar einfach – das Spielfeld bestimmt das maximale Potential jedweder Möglichkeiten, will heißen, die Naturwissenschaften sowie ihre Gegenstände bilden den sichtbaren Rahmen der Welt, die absolute Wirklichkeit, wie auch immer sie beschaffen sein mag, den unsichtbaren. Da ihr Gebiet und damit auch das der sie erforschenden Naturwissenschaften zu groß ist, um es endlich zu nennen, müssen wir sagen, dass die Welt am Rand keine Grenzen aufweist. Das Spielfeld ist demnach neutral, niemand kann einfach irgendwo hin gedrängt werden, es sei denn durch sein eigenes Unvermögen oder eine Übermacht bzw. seines Unvermögens, gegen diese zu stehen.

Die Regeln des Spiels werden von den Spielern bestimmt, die sich, in welcher Form auch immer auf diese Regeln geeinigt haben. Gibt es Regeln, so werden sie gebrochen. Das geschieht wahrscheinlich, weil es unwahrscheinlich ist, dass alle Spieler sich auf eine Regel einigen. Der Tod beendet das Spiel. Das ist immer so und es wird keine Ausnahme gemacht. Deswegen kann der Tod nicht als Verlieren betrachtet werden, sondern ist Teil des Spiels. Verloren hat, wer nicht gewinnt. Gewonnen hat, wer nicht verliert. Über Sieg oder Niederlage bestimmt niemand denn der Spieler selbst. Das mag uns nach längerem Nachdenken nicht gefallen, ist aber trotzdem so.

Kommentar:
Wir sehen, wie Sprache mit unserem Leben spielt und unser Leben mit der Sprache. Die Frage nach der Relevanz dieses Sprachspiels ist die Frage nach der Natur des Referenten des Wortes "Bedeutung". die Darstellung des oftmals ungerechten, harten, leidhaften und unbequemen Lebens als ein Spiel mag so manchem aufstoßen, was mit dem Referenten eben der Bedeutung des Wortes "Spiel" zusammen hängt. Mit der Washeit*** des Referenten werden wir uns jedoch zukünftig auseinander setzen.


*zum Emergenzbegriff siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Emergenz

**Die Sprache als logisches Konstrukt beschreibt Wittgenstein in seinem "Tractatus Logico Philosophicus" (Erstveröffentl. 1921). Die Sprache als Spiel wird von Ludwig Wittgenstein in seinem Werk "Philosophische Untersuchungen" (Erstveröffentl. 1953) beschrieben. Beide Werke sind bei Suhrkamp erhältlich

***zur "Washeit" oder "Quiditas" siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Washeit




Impressum siehe
http://wandersteinsgedanken.blogger.de/stories/1035974/

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