Montag, 10. November 2008
Von der Liebe III
Wer mich einen Narren schilt, weil ich jung bin und das Leben einen Sturm nenne, der ist selbst ein Narr. Wer mich einen Narren schilt, weil ich stürme und dränge, der soll mein Schwert spüren, denn ich bin des Mordes fähig, um des Lebens willen. „Und Schlag auf Schlag! Wird ich zum Augenblicke sagen…“
Schelten soll man die, die das Leben verkehren, nicht ihrer Natur gemäß sind, nicht ihrem Willen gemäß leben. „Do what you wilt, shall be all of the law. Love shall be the law, love under wilt.“ Gescholten soll derjenige werden, der wider besseres Wissen handelt und durch Belehrung nicht zur Vernunft gebracht werden kann. Ihn muss man durch die Macht der Gefühle zwingen. Nicht alle können weise Lehrer und Buddhas sein, einige von uns müssen sich mit dem Schwert durch das Schwert um diejenigen kümmern, die nicht den Pfad der Selbsterkenntnis beschreiten, damit die Lehrer lehren können und die Buddhas lange genug leben, um erleuchtet zu werden. Einen mittleren Weg beschreiten kann nur derjenige, der links und rechts von sich etwas hat.
Wer nichts und niemanden hat, der hat auch keinen Weg. Etwas muss schon besessen werden, weil man nur so weiß, wo man ist. Man kann nur gehen, wenn man einen Ort hat, den man verlässt. Man kann nur dann nicht anhaften, wenn es Dinge gibt, an denen man anzuhaften vermeidet. Leiden gehört zum Leben und wird daraus niemals verschwinden, weil dieses mittelmäßige Einerlei kein Leben wäre. Maschinen leiden nicht.
Verdammt, ich will mein Recht auf Leiden, mein Recht auf Sturm, mein Recht auf Blut und Boden in meiner Seele. Es ist das Recht gegen sich selbst Krieg zu führen, das Recht, uneins mit sich zu sein, das Recht sich zu spalten. Es ist das Recht die Liebe zu verlieren und trotzdem zu leben, das Recht, Hitler zu sein und sich trotzdem zu ändern. Es ist das Recht, die Meinung der Welt über den Haufen zu schießen und die eigene anstelle zu setzen. Es ist das Recht zu bluten. Welches Recht habe ich, wenn nicht dieses?
„Sex ist eine Schlacht. Liebe ist Krieg.“ Mann und Frau, der Gegensatz, Materie und Antimaterie, so stark in ihrer Wechselwirkung, dass sie sogar Leben hervorbringen können. Ein Kampf, der zu neuem Leben führt, aber „le petit mort“ genannt wird. Vollkommenheit ist nicht lebendig und schafft auch nichts. Wozu ist sie also zu gebrauchen? Wir brauchen sie vielleicht nur, um Krieg gegen sie zu führen und uns in unserer Unvollkommenheit ihr gegenüber zu behaupten. Tod und Verderben beschwören wir herauf, um in wildem Tanze ihr zu sagen, wie sehr wir doch unsere Unvollkommenheit lieben und das Vollkommene verabscheuen – und das sind Worte von einem, der Platon sehr liebt.
Vor dem Blut kommt der Wille, jenes seltsame Gebilde, dass wir unser eigen nennen, und das bei genauer Untersuchung nicht zu finden ist. Wo ist er, dieser Wille, wenn wir verzweifelt nach Liebe schreien, in den Tiefen der Nacht? Ihn müssen wir suchen. Dort, wo er ist, werden wir die Macht finden, uns gegen das Vollkommene zu behaupten.

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